Monthly:Oktober 2017

Bamboo – kleine Erfolge

Die Geschichte eines Pferd

In der Zwischenzeit habe ich Bamboo mit einigen Pausen ungefähr 20x geritten. Bis vor ein paar Tagen, war das alles sehr mühsam. Er klemmte, eine korrekte Anlehnung mit der Nase an der Senkrechten und ausreichend Dehnungshaltung war nicht zu erreiten, da er immer wieder in alte Muster verfiel und mit der „neuen Reitweise“ noch immer hoffnungslos überfordert schien. Immerhin ist das Steigen nicht mehr vorgekommen und er scheint in kleinen Schritten zu entspannen. Zwar schnaubt er schon ab, aber abkauen tut er nicht. Auch nimmt er die Halben Paraden noch nicht an und es fällt ihm äußerst schwer, an den äußeren Zügel heranzutreten. Gibt man innen nach, fällt das arme Pferd komplett nach außen….

Einfache Lektionen fallen ihm genau wie Übergänge und schon das Antraben noch sehr schwer: Normalerweise reitet man Mittelschritt am langen Zügel, nimmt die Zügel etwas auf, gibt zur Vorbereitung ein bis zwei halbe Paraden, legt die Schenkel an und gibt dem Impuls zum Antraben – ganz wie man es gelernt hat. Dabei erfolgt noch eine weitere Halbe Parade und im Antraben gibt man gefühlvoll Innen nach, so dass inneres Hinterbein und innere Schulter nicht am Vortritt behindert werden. Mit dem sich daraus entwickelnden Schwung aus der herangeschlossenen Hinterhand nimmt das Pferd das Gebiss an, stößt sich davon ab und die Nase befindet sich bei korrekter Anlehnung an der Senkrechten. Soweit die Theorie….

Bamboo war in den letzten Wochen eher wie ein alter Diesel, denn erst einmal kam kaum eine Reaktion. Alte Diesel müssen Vorglühen und irgendwann laufen sie dann. Leider arbeitete Bamboos Körper nicht nur beim Antraben wie ein Diesel, sondern leider auch im Schritt und beim Angaloppieren. Am allerschlimmsten gestaltet sich aber das Rückwärtsrichten. Was immer in den vergangenen Jahren gelernt hat, korrekte Hilfen kennt er offensichtlich nicht. Er schleicht schief und wankend rückwärts. Sowie er auch nur ein Last aufnehmen müsste und sich nicht mehr in seine alte Zwangshaltung begeben kann, weiß er nicht, was er machen soll.

Erst vorgestern saß ich einmal mehr ratlos oben drauf und habe überlegt, was zu tun ist, wenn Pferde das Gebiss nicht annehmen, nicht mit dem Hinterbein durchtreten und mit Schritt am langen Zügel schon vollkommen überfordert sind. Ich ritt auf dem Zirkel auf der rechten Hand und versuchte ihn irgendwie an den äußeren Zügel heranzureiten mit dem inneren Schenkel zu treiben, Halbe Parade außen, innen nachgeben und dann sollte sich ein Pferd – ohne dass man Innen ziehen muss – an sich auf die gebogene Linie einstellen lassen, ohne wie ein Kamel nach außen gestellt durch die Wendung zu stolpern.
Da leider ersteres einmal mehr nicht funktionierte, dafür das Stolpern umso besser klappte, habe ich gedacht: Was willst Du hier Traben und Galoppieren, wenn er noch nicht einmal in der Lage ist, im Schritt eine korrekte Acht zu gehen und wenn Du bei Trab und Galopp ein Pferd hast, das vollkommen aus dem Gleichgewicht durch die Bahn fällt. Dann reite lieber Schritt, übe die Acht, das Übertreten und vielleicht ein Schulterherein für ein paar Tritte, in der Hoffnung ihn noch in diesem Leben an den äußeren Zügel zu kriegen. Versuch‘ ihm erst so einmal den Weg zu zeigen…

Dabei fiel mir dann ein Rat von Herrn Stecken ein: „Wenn es einmal ganz mühsam ist mit einem Pferd, dann üben Sie im Schritt die Acht, lassen das Pferd auf der linken Hand übertreten und reiten Sie immer wieder Zügel aus der Hand kauen lassen. Irgendwann geben die Pferde nach!“ Und dann meinte er immer: Alle Pferde gehen gerne richtig und wenn ein Pferd das einmal verstanden hat, dann wird es das gerne tun. Sie müssen einfach nur bei einem Pferd, das keine richtigen Grundlagen kennt noch mehr Geduld haben als bei einem Pferd, das es richtig gelernt hat.“

Erstes Übertreten auf der linken Hand.

 

So war es dann auch: Nach vielen vielen großen Achten begann Bamboo auf der linken Hand im Genick nachzugeben. Er ließ sich stellen und die Halben Paraden am äußeren Zügel kamen durch. Er gab nach und suchte die Anlehnung. Das erste mal. Dabei schnaubte er leise ab und schien sich wohl zu fühlen. Er kaute. „Wow“, habe ich gedacht. „Da isses! ENDLICH!“ Damit hatte ich fast schon nicht mehr gerechnet. Das gleiche funktionierte dann auch beim Antraben. Auf einmal war die Nase unten. Er lief nicht mehr wie eine Giraffe über den Platz und die Gangschaltung war auf einmal auch relativ funktionsfähig.

Auf der rechten Hand ging das anfänglich jedoch weitaus schlechter. Er ist rechts hohl (nicht geradegerichtet) und weicht mit dem inneren Hinterbein nach Innen aus. Dadurch fällt er auf die äußere Schulter und nimmt automatisch eine falsche Traversstellung ein. Das konnte ich von oben deutlich spüren. Durch ein wiederholtes Schulterhereinartiges Reiten im Schritt auf dem Zirkel rechte Hand ließ sich das dann auch in kleinen Schritten etwas verbessern.

Aus dem Halten Rückwärtsrichten und daraus nach ein bis zwei Schritten Antraben half ihm dann auch auf der rechten Hand eine relativ sichere Anlehnung zu erhalten. Die Nase blieb anschließend auch im Rückwärtsrichten an der Senkrechten. Trittweise war sogar das Genick der höchste Punkt.

Nach 20 Minuten war er so erledigt, dass er einfach stehenblieb….. Aber er sah total zufrieden aus und nuckelte entspannt auf seinem Gebiss herum.

 

Irgendwie ist er ja nicht nur zum Knutschen, sondern auch zum Piepen. Ich denke, wenn er einmal richtig den Durchblick hat, dann wird es ein Traumpferd. Auch wenn das noch ein ganz weiter Weg ist. Er hat Zeit und was heute nicht klappt, das versuchen wir morgen einfach noch einmal….

 

Fortsetzung folgt…..

Wenn Pferde ausweichen

Ein Satz, den mir mein alter Reitlehrer schon in meiner Kindheit beibrachte heißt: „Die Schultern des Reiters parallel zu den Schultern des Pferdes und die Hüften des Reiters parallel zu den Hüften des Pferdes.“

Korrekt auf die gebogene Linie eingestelltes Pferd. Sitz und Einwirkung der Reiterin sind richtig. Die Nase des Pferdes ist bei ausreichend vorgelassenem Hals an der Senkrechten. Die innere Hand ist allerdings leicht verdreht und kann ein gefühlvolles Nachgeben aus dem Handgelenk stören.

 

 

In den letzten Tagen habe ich mit einer guten Freundin Sitzübungen an der Longe gemacht. Der Grund: Sie hatte festgestellt, dass ihr Pferd an der langen Seite immer wieder nach innen drängt. Auch beim Durchreiten der Ecken machte sich das Pferd schief und versuchte auszuweichen. Sie versuchte das Pferd wieder nach außen in Richtung Hufschlag zu reiten, aber es wollte nicht gelingen. Im Gegenteil, das Pferd drängte immer weiter in die Mitte der Bahn…..

Wie kann es passieren, dass das Pferd an der langen Seite nach Innen in die Bahn drängt, Ecken nicht mit korrekter Stellung und Biegung durchritten werden können und Zirkel und Volten alles andere als rund werden, egal wie sehr man sich bemüht?

Nicht selten liegt es am Verdrehen im Oberköper. Schaut man die Richtlinien Reiten und Fahren hinein, wird da vom Einknicken in der Hüfte, von verdrehtem Oberkörper zwar gesprochen, welche Auswirkungen es allerdings auf den gesamten Sitz und die reiterliche Einwirkung hat, wird einem erst richtig bewusst, wenn es geradeaus nicht mehr geradeaus geht und Zirkel und Volten eher Eier als „Kreise“ sind, da das Pferd in alle Richtungen ausweicht oder schon lange vor Erreichen des Hufschlages in Richtung Bande drängt, sich dabei verwirft, sich heraushebt oder kaum mehr auf die Hilfen des Reiters reagiert.

 


Die Reiterin ist im Oberkörper verdreht, die rechte Schulter hochgezogen, die Hände über den Kamm geführt. Das Pferd wird so ausweichen/über die Schulter wegdrängen, um nicht aus dem Gleichgewicht zu kommen.

 

Warum Pferde ausweichen (müssen)

Man muss es einfach einmal ausprobieren und wird überrascht sein, wie schnell das Pferd aus dem Gleichgewicht kommt, wenn der Reiter beim Reiten auf dem Zirkel oder auch auf der Geraden nur die innere Schulter nach vorne schiebt und sich dabei leicht nach Außen verdreht. Oft fällt es einem selbst nicht auf. Vor allem dann nicht, wenn man dabei nach vorne schaut. Allein durch das Verdrehen des Oberköpers beispielsweise nach Außen verändert sich das Zügelmaß. Die Bahn-innere Hand geht zu weit nach vorne, die äußere Hand zu weit nach hinten. Das Pferd ist so nach außen gestellt. Die Anlehnung ist nicht mehr korrekt. Die Hände stehen nicht selten unterschiedlich hoch. Halbe Paraden oder auch ein gefühlvolles Nachgeben mit der Bahn-inneren Hand sind nicht mehr möglich. Schulterpartie, Ellbogen und Handgelenke sind verspannt. Durch den verdrehten Oberkörper wirkt die äußere Hand rückwärts und das Pferd ist im Heben und Vorführen von äußerer Hüfte und Schulter behindert, weicht dadurch dann zwangsläufig über die innere Schulter nach Innen aus. Auch die Lage der Schenkel verändert sich automatisch, die Beckenstellung des Reiters ebenfalls. Viele Reiter schieben dann unbewusst den Bahn-inneren Schenkel sehr weit nach zurück und der zur Bande hin, liegt manchmal schon fast vor dem Gurt an der Schulter des Pferdes.

Andere wiederum verdrehen sich im Oberkörper und dabei wird die Hüfte zu weit nach hinten oder nach vorne geschoben. Das Becken kippt und der Schenkel schiebt sich in die falsche Richtung, die Fußspitze wird nach außen gedreht und das Knie liegt, meist hochgezogen nicht mehr am Sattelblatt. Auch das zwingt das Pferd zum Ausweichen.

Oft macht man in dieser Situation dann genau das falsche: Man verkürzt den äußeren Zügel noch weiter und verdreht sich noch mehr im Oberkörper, um das Pferd zum Hufschlag zurückzureiten. Ergebnis: Das Pferd schiebt noch weiter schief in die Bahn hinein.

Wenn solche Sitzfehler einmal verinnerlicht sind, ist es gar nicht so einfach, sie abzustellen. Einem selbst ist das Verdrehen des Oberkörpers nicht bewusst und man ist sicher, man sitzt gerade im Schwerpunkt. Sich dann zu zwingen, die innere Schulter nach hinten und die innere Hand unabhüngig von der Schulterbewegung gefühlvoll im Nachgeben zu erhalten, so dass auch in der Wendung die Schultern von Reiter und Pferd parallel sind, die innere Hüfte nach vorne zu führen, ist gar nicht so einfach, denn der verdrehte Sitz ist normal. Man hat anfangs sogar das Gefühl, dass diese Korrektur eher das Gegenteil bewirkt. Wenn man dann im Schwerpunkt und gerade sitzt, kommt es einem richtig „schief“ vor.


Die rechte Schulter zu weit nach vorne geschoben, der rechte Schenk ist für den Rechtsgalopp zu weit nach hinten verlagert.

 

Das kann helfen, wenn Pferde ausweichen!

Um das für sich selbst zu überprüfen oder an der Longe zu üben hilft es, eine Gerte mit beiden Händen zu fassen und diese in Höhe der Schulterpartie des Pferdes zu führen und den Wendungen entsprechend anzupassen. Dann kommt die Schulter des Reiters automatisch an den richtigen Platz. In dem Fall, die innere Schulter wieder nach hinten. Wichtig ist, darauf zu achten, dass man sich durch die Konzentration auf die Gerte nicht in der Schulterpartie verspannt.

Mit dieser Übung kann man überprüfen, ob man dazu neigt, sich im Oberkörper zu verdrehen  und ob die Handhaltung korrekt ist. Das lässt sich auch sehr gut bei Sitzübungen an der Longe einbinden.

 

Neben Sitzübungen an der Longe, mit denen sich sehr gut eigene Verspannungen und fehlerhafte Haltung korrigieren lassen, hilft auch eine konsequente Sitzkorrektur durch einen guten Ausbilder.

Wenn man seinen Sitz bei täglichen Reiten selbst immer wieder überprüfen möchte, kann man folgende Lektionen reiten:

Die kleine Acht im Schritt geritten ist dabei eine sehr gute Lektion. Wenn man sie im Mittelschritt am langen Zügel reitet, sollte der Zügel bei vorgelassenem Hals so lang sein, dass sich das Pferd vorwärts-abwärts an die Hand herandehnen kann. Wenn man dann in den aufeinander folgenden Wendungen – auf den korrekten Sitz achtend –mehrere Achten hintereinander reitet, wird man nach einiger Übung zwei gleich große und gleich runde Bögen reiten könne. Dabei sollte man unbedingt darauf achten, den inneren Bügel vermehrt auszutreten. Die Schultern sollten sich parallel zu den Schultern des Pferdes befinden, die Hände mit lockerem Handgelenk in der richtigen Position gehalten werden, so dass man dadurch Halbe Parade am äußeren Zügel alle zwei bis drei Schritte geben kann, die mit einem gefühlvollen Nachgeben der inneren Hand enden. Mit der Zeit wird das Pferd in der Rippenpartie geschmeidiger und wird sich korrekter Stellung und Biegung auf den gebogenen Linien bewegen.

Wird die Acht auch nach regelmäßigem Übung nicht rund, weicht das Pferd immer wieder über Schulter nach außen oder auch mit der Hinterhand traversartig nach Innen aus oder wendet einfach überhaupt nicht ab, weiß man, dass man sich irgendwo und irgendwie verdreht.

 

Eine weitere sehr gut geeignete Übung ist es, mehrere Volten hintereinander an der gleichen Stelle anzusetzen und Volten in den Ecken zu reiten. Zu Beginn sollte man die Volten mit einer Größe von 10 Meter reiten. Erst im Schritt und wenn diese gleichmäßig rund sind auch im Trab. Bei verbesserter Rippengeschmeidigkeit kann man sie nach einiger Zeit auf acht Meter verkleinern. Wichtig ist darauf zu achten, dass das Pferd weder über die Schulter auszuweichen versucht noch den Zirkel mit der Hinterhand herein traversartig durchschreitet.

Die Volte in der Ecke hat noch eine Besonderheit: Pferde, die noch nicht gerade gerichtet sind oder auch wenn der Reiter sich im Oberkörper verdreht, drängen – vor allem wenn die Hilfen nicht korrekt zusammenwirken – gerade dabei in Richtung Bande weg oder kommen schon bei der Einleitung der Volte traversartig aus der Ecke. Stellt sich dieser Fehler ein, ist das ein Hinweis, seinen Sitz nochmals zu überprüfen.

Hat man einen Helfer zur Verfügung kann man solche Momente auf Video aufnehmen, um anschließend zu überprüfen, woran es hängt. Das schult das eigene Auge und man bekommt ein Gefühl dafür, wann sich der Fehler eingestellt hat.

Bei engeren Wendungen wie Volten oder die Acht kann es bei Pferden mit Rückenproblemen vorkommen, dass sie versuchen auszuweichen wie oben beschrieben. Dann kann es notwendig sein, einen Tierarzt oder Osteotherapeuten zu konsultieren.

Beim Reiten und Ausbilden eines Pferdes kommen fast immer mehrere Faktoren zusammen, wenn es irgendwo hängt.