Tag:Verspannungen Pferd

Pferde mit Vergangenheit …. ein ganz besonderes Thema….

Pferde mit einer unschönen Vergangenheit können sich sehr unterschiedlich entwickeln. So, wie wir mit dem Pferd umgehen, so wie wir es behandeln, wie wir reiten und wie wir es ausbilden, so verhält es sich. Es kann unkompliziert und leichtrittig sein, alles spielerisch lernen, sich aber auch schwierig im Umgang und beim Reiten zeigen.

Oft hört man von Pferdebesitzern und Reitern, dass sie Pferde aus schwierigen Situationen gerettet haben, dass Vorbesitzer mit den Pferden grob umgegangen sind und das Pferd schlecht behandelt wurde. Solche Pferde können dann oft über Jahren noch Verhaltensweisen zeigen, die es einem als Reiter und Besitzer nicht immer einfach machen.

Nicht selten sind solche Pferde auch nach längerer Zeit im Umgang nicht unkompliziert, manchmal schreckhaft und nicht besonders zuverlässig. Man versucht Rücksicht zu nehmen und dafür zu sorgen, dass man sich selbst möglichst nicht falsch verhält, um beim Pferd nicht alte Muster auszulösen.

Die Frage ist allerdings oft, wie viel Rücksicht ist gut und wann sollte man auch mit einem Pferd „mit Vergangenheit“ so normal wie möglich umgehen? Oft denke ich über diese Dinge nach. Ein Paradebeispiel haben wir hier ja selbst stehen: Bamboo….

Durch unsere Arbeit sehen wir viele Reiter, die ihre Pferde auch beim Reiten mit äusserster Vorsicht behandeln, ein Rausheben beim Antraben oder Angaloppieren genauso rechtfertigen oder tolerieren wie ein nicht durchparieren wollen oder auch ein nicht ruhig stehenbleiben wollen – einfach weil diese Pferde eine Vergangenheit haben.
Die Frage, die dann oft gestellt wird ist: ist das richtig? Ehrlich gesagt: Jein.

Wenn man solche Pferde dann selbst reitet, erlebt man es oft, dass sie nicht gerade begeistert reagieren, wenn man diese – vielleicht kleinen Nachlässigkeit, aber leider mit langfristig grosser Wirkung – nicht zulässt. Das eine Pferd geht gleich in Opposition, denn es ist weniger anstrengend, wenn man in den Trab oder Galopp einfach hineinrennt, ohne dass das Hinterbein oder der Rücken richtig zum Einsatz kommen. Reiter und Besitzer macht das dann schnell noch unsicherer, denn die Angst, dem Pferd Schmerzen zuzufügen und sie glauben, dem Pferd erneut leid zuzufügen.

Andere Pferde wiederum sind dafür schnell dankbar und lassen sich vom richtigen Weg einfach überzeugen. Denn über den Rücken zu gehen, verhindert Verspannungen und so Schmerzen und gesundheitliche Schäden.

Auch bei Pferden mit Rückenproblemen und dem Befund Kissing Spines neigen viele Reiter dazu, nicht mehr richtig zu reiten aus Angst, dem Pferd Schmerzen zuzufügen und so latschen solche Pferde nicht selten auseinander gefallen auf der Vorhand vor sich hin. Das macht die gesundheitliche Situation nicht besser….

In vielen Foren und Social Media-Gruppen werden heute tausende von Erklärungen gefunden und Argumentationen aufgebaut, um zum einen richtiges Reiten – was heute immer weniger gelehrt wird – zu umgehen. Dabei wird die Vergangenheit in die Waagschale geworfen oder aber die gesundheitliche Situation. So haben immer weniger Pferde heute eine Richtung und nicht selten würde es helfen, wenn man als Besitzer und oder Reiter einfach konsequent den eigenen Sitz und die eigene Einwirkung verbessert, um so das Zusammenwirken der Hilfen zu optimieren, um dem Pferd durch auch unter dem Reiter Sicherheit und Gesundheit zu ermöglichen.

Vor einiger Zeit habe ich eine Dame kennengelernt, die eine Trainerin für Bodenarbeit verpflichtet hat. Diese Dame arbeitet mit dem Pferd jede Woche einmal von unten an der Dehnungshaltung. Natürlich war ich neugierig und wollte wissen, was man da so macht. Die Dame führte das Pferd im Kreis und zog dabei immer wieder den Kopf nach unten und erklärte, dass das Pferd darüber das Zügel aus der Hand kauen lassen schon einmal vom Boden aus erlernen kann, um das später leichter unter dem Reiter umzusetzen. Auf meine Frage hin, warum man das so macht kam folgende Erklärung: Das Pferd war vor Jahren bei einem Dressurreiter in falsche Hände gekommen und wurde in Rollkur geritten. Durch dieses Trauma sei es heute – nach gewaltigen fünf Jahren bei der neuen Besitzerin – noch immer nicht in der Lage, über den Rücken zu gehen und die Nase vorzunehmen.

Betrachtete man sich den Bewegungsablauf genau dieses Pferdes, war deutlich zu sehen, dass das Pferd steif war. Es wurde im Schneckentempo geritten und drückte dabei verständlicherweise den Rücken weg. Das Hinterbein war nicht aktiv. Das Pferd klemmte und liess natürlich den Hals nicht fallen. Das war aber nicht der Fehler aus der fünf Jahre zurück liegenden Reitweise des Dressurreiters gewesen, sondern schlichtweg das falsche Reiten heute.

Das Pferd hatte sich aber an das Schneckentempo und die Schmerzen irgendwie gewöhnt und fügte sich quasi in Form einer erlernten Hilflosigkeit diesem Schicksal. Vor einem Jahr hatte die Besitzerin einen Ausbilder kennengelernt, der in das Pferd wieder einen „Gang reinbringen wollte“ wie sie es nannte.

Er hatte das Pferd ziemlich fleissig vorwärts geritten und wie ich auf dem Video sehen konnte, war das alles recht ordentlich. Er wollte zurück zum Reiten der jungen Remonte. Nase an der Senkrechten, Zügel ausreichend lang, durch das Vorwärtsreiten, das Hinterbein wieder zum einem aktiven Abfassen anregen, um so das Pferd zu veranlassen, die Anlehnung wieder zu suchen und darüber mit der Zeit die Grundgangarten wieder zu verbessern und den Rücken zum Schwingen zu bringen. Ähnlich hätte ich es sicher auch gemacht. Das Pferd allerdings fand dieses Training ausgesprochen Schweisstreibend und hat sicherlich Muskeln einsetzen müssen, von denen es nicht einmal mehr wusste, dass es sie hat. So war es von der Rennerei nicht gerade begeistert. Am nächsten Tag war das Pferd laut Besitzerin schlecht gelaunt und konnte vor Schmerzen nicht laufen. So wurde der neue Ansatz sofort wieder eingestampft und man ging zum alt Bewährten (falschen) zurück.

Dass das Pferd eventuell Muskelkater hatte und sonst nichts wurde weder von der Besitzerin noch von der Bodenarbeitstrainerin in Betracht gezogen. Heute wird das Pferd hauptsächlich geführt, damit es das Trauma von dem Dressureiter verarbeiten kann und es nicht mehr so misshandelt werden muss, wie von dem jungen Mann, der das alles ziemlich richtig gemacht hat.

 

 

 

 

 

 

Wanderfalke hat Kissing Spines…. aber keine Probleme

Der Weg von Wanderfalke klingt wie die Krankengeschichte vieler Rückenproblem-Pferde…

Geht es irgendwann nicht mehr weiter und es steht nach vielen Untersuchungen mit dem Röntgenbefund die Diagnose Kissing Seines fest, sind viele Reiter vollkommen verzweifelt, denn sie wissen nicht, wie sie ihrem Pferd helfen können und sollen. Man liest und recherchieret, fragt und holt sich Rat. Auch das geht dann nicht selten daneben….

Wenn der Befund einmal da ist, muss man einen ganzheitlichen Ansatz wählen, damit es seinem Pferd wieder gut geht und man ihm ein schmerzfreies Leben ermöglichen kann….

https://www.youtube.com/watch?v=1m4iT1m0ApA&feature=youtu.be

Was sehen Richter und wo sind die Verbände?

Qualitätvolles Pferd auf dem Bundeschampionat. Wie lange mögen Pferde so geritten halten?

So gewinnt man …. Zu sehen war auf dem Video eine Reiterin mit einem sechsjährigen Pferd. Es hatte eine L-Dressur auf Trense gewonnen. Im Protokoll hatten die Richter Schritt und Trab mit „ausserordentlich gut und ausdrucksvoll“ bewertet. Das Protokoll in das Video eingebunden.

Preis der Besten. Wie lange mag ein so gerittenes Pferd wohl halten?

Auf dem Video war ein junges Pferd mit einem gestressten Gesichtsausdruck, viel zu dünn und massiven Verspannungen zu sehen. Der Bewegungsablauf in keiner der Grundgangarten taktrein. Der Schritt passartig, der Trab spektakulär (im Vorderbein), aber leider zügellahm und der Galopp war schief. Ich hätte ihn als „nicht durchgesprungen, flach und laufend“ bezeichnet. Ich habe dann beim Betrachten so überlegt, wie man einen solchen Ritt mit einer 8,4 bewerten kann…

Die Bewertungen vieler Richter sind in den letzten Jahren in der breiten Öffentlichkeit mehr und mehr in die Kritik geraten und man ist versucht, die Aus- und Fortbildung eben dieser Personen in Frage zu stellen. Sie entscheiden mit, wie (schlecht) heute geritten wird und wenn das spektakuläre und verspannte richtiger ist, als das durch den Körper gehende, dann muss man sich a) nicht wundern und b) sich die Reiter damit ja auch nicht herumschlagen. Wenn also das ehrlich losgelassene Pferde heute kein Kriterium mehr ist, warum soll man es dann noch zeigen oder sich zum Ziel setzen. Einen Blumentopf gewinnen kann man damit jedenfalls mal nicht. Denn losgelassen ist zwar gesund und richtig, aber leider für den Laien wenig spektakulär.

Nicht spektakulär, aber gesund. Damit lässt sich auf einem Turnier keine Schleife gewinnen…

Ist ein korrekt sitzender Reiter mit einer gefühlvollen Einwirkungen, einer ruhige Hand und korrekt liegenden Unterschenkeln genauso richtig oder auch falsch, wie ein schlecht sitzender Reiter, werden sich nicht wenige Reiter fragen, warum man sich einen Trainer einkaufen soll, der pausenlos am Sitz herum kritisiert. Dabei ist es dann vermutlich auch vernachlässigbar, dass der korrekte Sitz die Basis allen Reitens ist, wenn Reiter auch ohne diesen Erfolge erzielen können.

Somit geht vieles heute nicht mehr unbedingt in die richtige Richtung… und keiner scheint es ändern zu wollen – zumindest nicht von Seiten der Verbände. Ihnen geht es hauptsächlich um den Erfolg, denn der bringt Fördermittel und Sponsoren und damit ist das Ziel erreicht. Pferde gibt es genug und so lange der Pferde-Nachwuchs nicht ausstirbt, lässt sich ein kaputter leicht ersetzen. Von irgendwas müssen ja auch die Züchter leben und wenn alle richtig reiten würden, wäre die Branche pleite……

Die breite Masse der Reiter heute allerdings längst so weit, schlechtes Reiten nicht mehr einfach so zu akzeptieren. Das zeigt die teils massive Kritik an international erfolgreichen Reitern vor allem in der Dressur. Leider führt das zu keiner Änderung. Schaut man sich die ein oder andere namhafte Reiterin an, scheint es vollkommen unerheblich, dass deren Reitweisen in der Kritik stehen, es wird stumpf so weitergemacht und die Anhänger finden es genial. Das trotz aller Aufklärung. Ein Trauerspiel.

So wenden sich mehr und mehr Menschen ab. Das sollte eigentlich Sponsoren kosten, tut es aber vielerorts nicht und es werden noch immer viele viele qualitätvolle Pferde verschlissen und verschwinden so schnell wie sie gekommen sind. Eine erschreckende Entwicklung.

Bis zum korrekten Zügel aus der Hand kauen lassen ist es weit. mehr und mehr neue Methoden lehnen diesen Weg ab. Vermutlich kommen sie da nicht hin, dann ist es einfacher, es zu verteufeln…

Richtiges Reiten ist allerdings auch ein hartes Brot und so reitet man Jahre um Jahre bis die Einwirkung so korrekt ist, dass sich die Pferde loslassen und gesund bleiben können. Abkürzungen gibt es nicht bei der Ausbildung von Reiter und Pferd. Das weiss jeder, der ehrlich zu sich selbst ist und sich dieser mehr als komplexen Materie öffnet. Das mag für manch einen mehr als frustrierend sein. Vor allem dann, wenn kein guter Trainer da ist, der einem den richtigen Weg weisen kann.

Am 15. September 2016 verstarb der letzte grosse Mahner in der Reiterei. Paul Stecken! Mit ihm ging vermutlich das letzte fundierte Wissen. Als ich damals auf seiner Beerdigung war, habe ich so viel geweint wie kaum an einem Tag in meinem Leben. Wenn ich an sein schelmisches Lachen und die kleinen Seitenhiebe zwischen den Zeilen denke, stehen mir auch jetzt die Tränen in den Augen und muss dabei aber auch lächeln. Er war ein wunderbarer, charismatischer Mensch und wie er über seine vielen Ehrungen immer sagte: „ich bin eben en duften und gefragten Kerl“.
In den letzten Tagen habe ich oft an ihn gedacht. Vielleicht noch öfter als sonst im Jahr und ich überlege gerade wieder, warum es mich jetzt wieder so berührt und warum ich auf seiner Beerdigung so verzweifelt war. Vielleicht war es das Wissen, dass dieser wunderbare Mensch immer fehlen würde und das Erahnen, dass mit seinem Tod das letzte Wissen über das Richtige ebenfalls gehen würde.

Seine mahnende Wort und sein unermüdliches Einstehen für „die überlieferten Grundsätze der Ausbildung“ fehlen heute mehr denn je…